Lea Reuter berichtet aus Cadillac (Michigan / USA)
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Gedanken machen, Ungewissheit, Stress! Wieso???

 

Oh man war das ein Stress. Ich hatte gerade eine unbeschreibliche Reise hinter mir. Ich hatte endlich gesehen, wovon all meine Freunde nur  Träumen können. Ich war tatsächlich in New York. DEM New York von dem jeder spricht. Da wo es die original I♥NY T-Shirts gibt. Auf dem Time Squere, der Freiheitsstatue und so gar auf dem Empire State Buildig war ich. Das, wo King Kong damals ganz oben drauf war. Dann war ich auch noch in Washington D.C. und Philadelphia. Wo Rocky her kommt (einer meiner Lieblingsfilme). Nach diesen traumhaften Erlebnissen sollte es dann endlich zu meiner Gastfamilie gehen. Wir saßen im Bus und nur noch ein letztes mal wollte ich dort anrufen um sicher zu stellen, dass sie mich auch vom Flughafen abholen würden und mich nicht vergessen hatten oder ich vielleicht alleine zu deren Haus finden sollte. Mein Problem war nur mein Englisch. Ich hatte zwar bereits sechs Jahre lang Englisch in der Schule gelernt, dennoch nie einer Unterhaltung in dieser Sprache geführt. Zu all der Panik, die ich bereits hatte, z.B. wie meine Familie sein würde und ob ich mich verständigen könnte und, und, und.., kam dann auch noch dazu, dass ich kein Geld mehr auf meinem deutschen Handy hatte. Doch zum Glück war ein anderes Mädchen, welches mit mir auf der Rundreise war, so nett und hat mir ihr Handy geliehen. So rief ich also bei meinen Gasteltern an.

Während ich versuchte mich mit ihnen zu verständigen, hörte ich auf ein mal ein piepen in meinem Ohr. Es kam von dem Handy meiner Freundin. „Akku leer!“ zeigte es auf dem Bildschirm- Na ganz toll, dachte ich und versuchte nun, so schnell wie möglich meinem Gastvater, mit dem ich am Telefon sprach, meine Handynummer zu geben, so dass er mich erreichen könnte. Doch auch das klappte nicht so einfach wie erhofft, da ich die deutsche Vorwahl nicht wusste. Natürlich +49xxxxxxxxxx, doch bedeutet das Plus Zeichen nun 0 oder 00??? Ich wusste es nicht und geriet völlig in Panik. Als ich dann endlich einfach aufgab und hoffte, es würde schon alles gut gehen, hörte ich meinen Gastvater sagen: „Is there a problem?“, So sagte ich: „No“, denn es gab ja sonst kein Problem. Doch er fragte erneut: „Is there a problem?“Ich verneinte erneut und als er ein drittes mal das Selbe sagte und ich verneinte, sagte er anschließend: „Yes there is!“ Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ihn völlig falsch verstanden hatte. Er hatte schon die ganze Zeit immer wieder gesagt, es gäbe ein Problem.

Nun erklärte er mir, dass sie beide, also meine Gasteltern, sich in New York befänden und mich nicht vom Flughafen abholen könnten, doch dass jemand anderes dies übernehmen würde. Zu meinem Pech war dann der Akku endgültig leer. Schockiert saß ich im Bus. Ich hatte ja auch nur Stichwörter verstanden. Was sollte ich jetzt tun? Wird mich irgendjemand abholen? Wie werde ich diese Person erkennen? Was ist, wenn mich keiner abholt? Habe ich ihn richtig verstanden?

Keiner konnte mir helfen und ich konnte ja auch nicht bei meinen echten Eltern anrufen. Natürlich hätte es bestimmt einen Weg gegeben und auch unser Reiseführer von World Heritage hätte mir mit Sicherheit helfen können, doch nach einer Weile des Überlegens und Gedanken machens, entschloss ich mich, dass ich keine Wahl hatte, was ich tun sollte, also sagte ich mir: „Du musst da jetzt einfach durch. Was kann schon Schlimmes passieren?“ Da musste ich mir eingestehen, dass ehrlich nichts schlimmeres hätte noch passieren können, denn das schlimmste,dass ich mir vorstellen konnte war ja bereits eingetroffen.

Endlich am Flughafen angekommen stieg ich mit zwei  meiner neuen Freundin in den Flieger der uns nach Chicago bringen sollte. Alles lief planmäßig. Ich war etwas traurig, die anderen der Rundreise verlassen zu müssen, doch ich war auch total aufgeregt auf das was vor mir lag. In Chicago angekommen fiel uns dann auf, dass ich weniger als eine Stunde Zeit hatte um meinen Flieger auf diesem riesigen Flughafen zu finden und einzusteigen. Während ich zu dem Flugzeug lief, welches mich nach Traverse City in Michigan bringen sollte, kaufte ich mir noch schnell eine Brezel. Es war die leckerste Brezel die ich je in meinem Leben hatte. Als ich gerade mein Gate erreicht hatte sah ich ein Flugzeug von dort weg rollen. Für einige Sekunden stand mein Herz still, dann fing es an zu rasen. Was sollte ich jetzt tun? Hatte ich echt soeben mein Flugzeug verpasst? Ich konnte es nicht glauben. Wieso flog das Flugzeug überhaupt 12 Minuten zu früh los? Ging meine Uhr auf einmal falsch, oder hatte ich etwas falsch gelesen?

Als ich etwas ruhiger geworden war und wieder klarer denken konnte, fragte ich mit meinem stolperiegen Englisch nach. Die Frau erklärte mir alles, doch ich verstand nichts. Erst als sie auf die Uhr am Flughafen zeigte, fiel mir auf, dass alle Uhren dort eine Stunde später waren als meine. NA KLAR!! Die verschiedenen Zeitzonen in den USA. Ich hatte nie darüber nachgedacht, da der Zeitunterschied vom Deutschland zu New York und Michigan, wo ich leben sollte, sechs Stunden beträgt. Doch leider ist der Zeitunterschied nach Chicago noch eine Stunde größer. Nachdem ich den Schock dann überstanden hatte setzte ich mich und genoss noch in Ruhe meine Brezel.

Als ich endlich das Flugzeug von innen sah nahm es mir gleich noch eine Angst, die ich hatte. Ich hatte gedacht, dass ich erneut mit einem großen Flieger fliegen müsste und hatte mir schon Gedanken gemacht wie ich jemanden der mich (vielleicht) abholt und den ich noch nie gesehen hatte, auf einem großen Flughafen finden sollte, doch mein Transportmittel war dann doch nur für etwa 30 Personen, also konnte ich mir schon denken, dass der Flughafen an dem ich ankommen würde nicht all zu groß sein würde. Und tatsächlich. Kaum waren wir gestartet landeten wir auch schon wieder. Auf einem winzigem Flughafen, vor allem im Gegensatz zu denen die ich zuvor gesehen hatte.

Als ich ausstieg stand dort nur eine einzige Person wartend. Sie hatte ein Schild mit meinem Namen und „Welcome to Michigan“, auf der Rückseite, in der Hand. Zu dem hatte sie ein Blumenkettchen für mich. Wir holten noch meinen Koffer und dann gingen wir zu ihr nach hause. Von da an war auf einmal alles ganz einfach. Ich hatte mir immer um alles solche Sorgen gemacht doch alles ist immer gut ausgegangen. Alle haben sich zu jeder Zeit gut um mich gekümmert mir geholfen und ich habe unglaublich viele neue Freunde und auch Familie kennen gelernt. Meine echten Gasteltern kamen schon 5 Tage nach dem ich in deren - und nun auch meiner - Heimatstadt ankam.

Meine Gastfamilie besaß 11 Hühner, eine dreibeinige Katze, zwei Maulesel und einen richtigen Esel. Da ich Tiere sehr mag und bereits seit 9 Jahren regelmäßig reite war dies ein absoluter Traum für mich.

An meiner Schule waren alle sehr nett und hilfsbereit. Selbst ohne gut Englisch sprechen zu können bin ich von Beginn an sehr gut klargekommen.

Zu allem konnte ich selbst verständlich auch alles typisch amerikanisches miterleben. Mit einer echten Waffe schießen, der Abschlussball und natürlich „Graduation“ , der Schulabschluss mit Hüte werfen und allem was dazu gehört.

Ich hatte ein wunder volles Jahr. Ich habe so viel gelernt wie sonst nur wenige es in zehn Monaten schaffen und wenn ich bald erneut reisen werde, möglicher Weise dorthin, werde ich mir nie wieder so viele Gedanken machen, wie ich es zuvor tat, denn ich weiß nun, dass es immer einen Weg gibt und am Ende sich alles fast von alleine löst.

 

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