Iris Dobschall: Collingwood berichtet aus Collingwood (Ontario / Kanada)
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So ein Jahr im Ausland ist schon etwas Tolles...

Man fängt noch einmal ganz von vorne an - lässt Eltern und Freunde hinter sich und bekommt sozusagen eine zweite Chance den Menschen in der "neuen" Heimat zu zeigen was wirklich in einem steckt...

Ich bin jetzt schon über einem halbem Jahr, genauer gesagt 6 Monate 3 Wochen 6 Tage in Collingwood, Ontario, Kanada und ich schaue dem Ende dieser genialen Zeit mit gemischten Gefühlen entgegen...

Aber ich fang wohl besser mal am Anfang an…

Für mich war schon sehr früh klar, dass ich mein elftes Schuljahr an einer High School in Kanada verbringen möchte und ich konnte es kaum erwarten als ihr bei team! endlich die Anmeldungen für 07/08 akzeptiert habt. Die Zeit verging viel zu schnell und schon saß ich im Flieger ins Unbekannte. Gemischte Gefühle. Was wird mich auf der anderen Seite des großen Ozeans erwarten? Wie ist das Leben 6000km entfernt von zu Hause?

Mittlerweile ist das Leben hier schon totaler Alltag... Kanada ist meine zweite Heimat und ich habe mich an meine etwas andere Gastfamilie gewöhnt...

In unserem Haus wohnen vier Leute - meine Host Mum Lee Ann (Mitte 50, zwei Kinder die schon lange ausgezogen sind, zweimal geschieden), Wendy (Ende 30, sie mietet ein Zimmer im Keller) und dann ist da noch ein Mädel aus Japan: Yuko. Auf Yuko hatte ich mich sehr gefreut. Sie ist in meinem Alter und ich dachte wir könnten unsere ganzen ’Canadian Experiences’ zusammen erleben. Wir machen ja schließlich beide das Gleiche durch. Leider lief alles anders. Ich verstehe mich nicht wirklich mit ihr und irgendwie sind wir einfach auf total verschiedenen Wellenlängen…

Es war auf keinen Fall die Familie die ich mir erträumt habe, aber wann kommt es im Leben schon mal so wie man es sich wünscht. Ich wollte immer eine Familie mit Vater, Mutter und ein bis zwei Kindern in meinem Alter. Dachte mir, dass wäre dann sehr einfach weil ich mit meinen Gastgeschwistern und deren Freunden abhängen könnte. Mein „Freunde finden“ war nicht ganz so einfach, aber ich war trotzdem sehr erfolgreich! Und ich bin stolz sagen zu können, dass hier einige Menschen traurig sein werden wenn ich im Sommer wieder nach Deutschland zurückkehre…

Schule hier in Kanada ist nicht einmal annähernd so wie in Deutschland. Pro Semester gibt es nur vier verschieden Kurse die dann dafür allerdings jeden Tag stattfinden. Der Unterricht beginnt um 9:00 Uhr, dann zwei Stunden, jeweils 75 min, danach eine Stunde Lunch und noch mal zwei Stunden. Fertig ist man dann um 15:10 Uhr und da ich ziemlich nahe an der Schule wohne bin ich dann um viertel nach daheim. Der Unterricht ist eigentlich ziemlich einfach und das obwohl ich hier in Grade 12 bin… Sport, Musik und eigentlich alle Freizeitaktivitäten finden – wie man das aus amerikanischen High School Filmen kennt – in der Schule statt.

Die beste Art und Weise dazu zu gehören und Freunde zu finden ist, wenn man sich engagiert, so wurde mir das auf jeden Fall gesagt. Ich muss sagen, es hat funktioniert: mittlerweile kennt mich die ganze Schule *lach*. Ich spiele Altsaxophon in der Schulband, bin in der Musical Produktion „Grease“, war im Semi-Formal Committee und bin jetzt auch im Formal Committee (das ist der kanadische Prom). Nee, aber mal ernsthaft: einige meiner besten Freunde hier kenne ich von den Bandproben. Es ist nämlich nicht so einfach im Unterricht Freunde zu finden wenn man jede Stunde auf andere Schüler trifft… Also Leute, engagiert euch und zeigt der Welt dass es euch gibt!!

Was gibt es sonst noch zu berichten? Es ist echt hart so ein ganzes Jahr mit all den Erlebnissen in Worte zu fassen. Jeder Tag bringt etwas Neues und Unerwartetes – man weiß nie was passiert…

Neben der normalen Schulband gibt es noch die Marching Band (typisch für Nordamerika). Wie der Name schon verrät ist das eine marschierende Band… Kurz vor Weihnachten waren wir besonders aktiv denn es ging zu vier ’Santa Claus Parades’. Diese Paraden kann man sich wie einen Karnevalsumzug vorstellen; nur das es ziemlich kalt und dunkel ist…. Eine der Paraden war die ’Santa Claus Parade’ in Toronto, die größte in Kanada. Dafür marschierten wir zweieinhalb Stunden durch die gesperrten Straßen der Großstadt.

Kürzlich war ich für eine Woche in Honduras, Zentralamerika. Mit 9 Schülern und zwei Lehrern sind wir dorthin geflogen um uns mit einheimischen Jugendlichen zu treffen. Ein Lehrer meiner High School unterrichtet nämlich für zwei Jahre an einer Privatschule in San Pedro Sula und hat uns eingeladen ihn dort zu besuchen. Dort haben wir ein Wochenende auf der wunderschönen Karibikinsel Roatan verbracht und sind dann aufs Festland geflogen. In San Pedro Sula haben wir uns mit den einheimischen Schülern getroffen und sind ein bisschen durch die Gegend gefahren: Kaffee Plantage, Mayan Ruins und ’White Water Rafting’ im Dschungel standen auf dem Programm und es hat echt sehr viel Spaß gemacht...

Keiner von uns wollte zurück nach Kanada, vor allem weil das bedeutete von 40°C zurück zu -10°C und der ganze Schnee hier in Collingwood passt einfach nicht zu der neuen Bräune… Aber da muss man durch und in ein, zwei Monaten ist der Winter hier ja dann hoffentlich auch mal vorbei…

Und um ehrlich zu sein: ich liebe den ganzen Schnee und es ist einfach genial, dass das nächste Ski Gebiet nur 15 min entfernt ist… Ich habe nämlich erst in diesem Winter Ski fahren gelernt und es macht total viel Spaß. Am liebsten fahr ich mit meinen zwei Freunden aus Peru und Brasilien – die zwei hatten vorher noch kein einziges mal Schnee gesehen und das ist dann immer sehr lustig… Mit dem Schnee kommen dann auch die berühmten „Schneefrei Tage“. Schneefrei gibt es immer dann, wenn aufgrund von Schnee oder Eis die Busse nicht fahren können. Seid November hatten wir schon sechs von diesen ’Snow Days’ und ich muss sagen, ich mag es… *grins*

In drei Monaten ist der Traum schon wieder vorbei… Ich hatte eine geniale Zeit und ich würde auf jeden Fall immer wieder kommen. Man macht so viele Erfahrung und trifft soviel tolle Menschen die einem ziemlich schnell ans Herz wachsen. Nichts desto trotz hängt der Erfolg eines Austauschjahres von jedem selbst ab und man muss sich ein Stück weit an die andere Kultur und den Lebensstil anpassen. Wenn man sich allerdings auf das Neue und Unbekannte einlässt, fühlt man sich schnell richtig wohl in seiner „neuen“ Heimat. Und wenn es gut läuft dann verlässt man seine zweite Heimat mit einem lachenden und einem weinenden Auge…