Winnipeg: Lisa Dräxler berichtet von der Oak Park High School - Winnipeg (Manitoba / Kanada)
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Oh Canada – Meine sieben Monate Schüleraustausch im Land des Schnees und Ice-Hockeys

 

Felder, der Geruch von trockener Luft und das Gefühl der unglaublichen Weite. Das sind die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich an meine ersten Wochen in Winnipeg, Kanada, zurückdenke. Alles begann ungefähr zehn Monate vor diesen ersten Eindrücken, als ein Lehrer meiner Schule einen Aushang über die Möglichkeit in der 11. Klasse ins Ausland zu gehen, ans schwarze Brett hing.

Bereits vier Wochen später, ausgerechnet an meinem 16. Geburtstag, hielt ich strahlend die positive Antwort meiner erst kurz vorher abgeschickten Bewerbung in der Hand. Das Ziel: Winnipeg, im Herzen Kanadas. Das sollte mein Zuhause für die nächsten sieben Monate sein. Für „team! Sprachen & Reisen“ habe ich mich damals unter anderem wegen der angebotenen flexiblen Aufenthaltsdauer entschieden. Fünf Monate waren mir nicht lange genug, um eine Sprache wirklich gut zu erlernen, zehn Monate wiederum haben mich schultechnisch wegen der langen Abwesenheit eines ganzen Schuljahres etwas eingeschüchtert.

Nun hieß es, noch ein ¾ Jahr sehnsüchtig auf diese aufregende und neue Zeit zu warten. Und das kommt einem anfangs wie eine halbe Ewigkeit vor, vor allen wenn man Tag für Tag Berichte anderer Austauschschüler liest und deren Blogs mit Fotos durchstöbert. Nach und nach wurden mir durch team! mehr Informationen zugeschickt und die Einladung zum Treffen mit den sogenannten „Returnees“ (Austauschschüler, die schon wieder aus ihrem Gastland zurückgekommen sind), gab mir dann endlich die Möglichkeit jemanden der den gleichen Traum hat (bzw. in dem Fall ja hatte) alle wichtigen Fragen persönlich zu stellen. Ende August war die lange Wartezeit dann ganz  plötzlich vorbei und ich musste mein gesamtes Leben, immerhin 16 Jahre, in einen einzigen Koffer packen und Abschied von all den vertrauten Menschen (Familie, Freunde) und Orten  nehmen. Für sieben Monate musste ich good-bye Deutschland and hello Canada sagen. Trotz der vielen Eindrücke war ich zu diesem Zeitpunkt sowohl innerlich als auch äußerlich noch recht ruhig und „gechillt“.

Nach mehrstündigem Flug kam dann aber doch der Moment, in dem mir wirklich das Herz in die Hose rutschte. Mir wurde klar, dass ich gleich die Menschen treffen würde, mit denen ich einen großen Teil der kommenden Zeit (und immerhin auch Familienfeste wie Weihnachten und Geburtstage) verbringen sollte.

Wahnsinnig aufgeregt ging ich damals mit den anderen Austauschschülern durch das Ankunfts-Gate, immer auf der Suche nach der Frau, von der ich bisher nur ein Bild  in einem Infobrief erhalten hatte und nicht viel mehr als ihren Namen Susan wusste. Nun stellt ihr euch wahrscheinlich gerade die Frage: „Was, nur eine einzige Frau als Ersatz für die gesamte Familie, keine Kinder, kein Mann?“, und ja, ich hatte nur eine Gastmutter. Rückblickend kann ich sagen, dass es total egal ist, wie viele Leute in eurer „Hostfamily“ wohnen, denn unabhängig davon, ob da jetzt noch drei weitere Kinder sind oder nicht, man kann immer Glück oder Pech haben und nur wenn es eine größere Familie ist, heißt das nicht automatisch, dass man die bessere “Family“ bekommen hat. Ich kann heute sagen, dass ich großes Glück hatte und die allerbeste „Hostmum“ ever hatte und ich sie wirklich wahnsinnig vermisse.

Nun stand ich in der Menge zwischen all den anderen Austauschschülern da, als Susan auf mich zuging und mich (mit einem mega süßen Lächeln auf dem Gesicht) einfach so mit den Worten: „Welcome to Canada“, in den Arm nahm. Dann ging es, nach einem kurzen Tschüss zu den vielen Team-Reisebekanntschaften aus dem Flugzeug, ganz schnell weiter. Neben Susan war auch noch Greg, ein guter Freund von Susan, dabei um mich abzuholen.

Nun sind wir schon bei meinen ersten kanadischen Eindrücken angelangt, die ich in meinem gesamten Leben niemals vergessen werde. Die Weite, der Geruch der trockenen Felder und die „Hydro-Towers“, die das einzige sind, was neben den  breiten Highways an Gebäuden überhaupt auffällt. In meinem neuen Zuhause angekommen, wurde ich erst einmal von drei großen Labradorhunden herzlich begrüßt um dann mein eigenes kleines Reich für die kommenden Monate zu beziehen. In den darauf folgenden Tagen hatte ich noch etwas Eingewöhnungszeit bis zum Schulanfang. Hierdurch konnte ich auch gegen den Jetlag ankämpfen und Land und Leute noch ein wenig besser kennen lernen.

Am 08.09. war es so weit. Die wohl aufregendsten  Stunden meines Aufenthaltes in Kanada begannen: Es war der erste Schultag in meinem neuen Leben auf der Oak Park Highschool. Noch bevor ich das so richtig realisieren konnte, befand ich mich schon mitten in den Unterrichtsstunden, in denen Bio oder Spanisch nun ausschließlich in Englisch unterrichtet wurden und ich erstmals neue Leute kennen lernen konnte. Schon nach wenigen Tagen hatte ich mich schnell eingewöhnt, knüpfte die ersten Kontakte und sah das alles gar nicht mehr als neu an. Der Alltag zieht wirklich schneller ein, als man denkt.

Zwei meiner persönlichen Highlights in Kanada waren „Thanksgiving“ und „Halloween“. Beides wirklich landestypische, kanadische Traditionen, die man in Deutschland so nicht finden kann. Bei ersterem habe ich Susans Familie kennen und sehr bald auch lieben gelernt. Wirklich nette Menschen und tolles Essen. Halloween hat sehr viel Spaß ge-macht. Ich bin mit ein paar Freunden zu „trick or treat“ gegangen und war anschließend noch auf einem Schultanz. Ein tolles Erlebnis war auch ein mehrtägiger Ausflug in die USA, zu dem mich meine Gastmutter und deren Schwester eingeladen hatte. :-)

Bereits Ende Oktober hat es dann erbarmungslos angefangen zu schneien. In Winnipeg geht das schneetechnisch dann so weiter bis April. Ungewohnt waren die eisigen Temperaturen. Im Januar erreichten wir dort nämlich hitzige minus 45 Grad! Liebe Leute, es ist vielleicht schwer zu glauben, aber auch das erschien mir irgendwann einfach als total normal. Als das Thermometer dann wieder auf minus 20 Grad hoch schoss, bin ich locker leicht nur im Pullover zur Schule gegangen und freute mich über die frühlingshaften Temperaturen. Als Austauschschüler muss man „used to“ werden, denn in Kanada ist alles total anders als zuhause. Ob das nun Essen, Wetter oder einfach das Verhältnis zur Gastfamilie ist. Meiner Meinung nach ist aber eben genau das der eigentliche Reiz eines Schüleraustauschs. Man hat die Möglichkeit, eine vollkommen andere Kultur kennen und lieben zu lernen und natürlich erlebt man manchmal auch Tiefpunkte. Aber das ist alles ganz normal. Oder wer würde nicht die eigene Familie an Weihnachten oder am Geburtstag vermissen?  Meine Gastfamilie, dazu zähle ich jetzt nicht nur Susan, sondern auch alle anderen Familienmitglieder, haben mir immer das Gefühl gegeben, dass ich stets willkommen war und mich bei eventuellen Problemen immer bei ihnen melden konnte bzw. bis heute noch kann.

Als ich Kanada Ende März verlassen musste, war ich sehr traurig. Ich musste nun meiner neuen, meiner zweiten Familie und tollen Freunden Lebewohl sagen. Niemals werde ich vergessen, welch tolle Erfahrungen ich mitnehmen durfte. Nicht nur mein Englisch hat sich verbessert, ich habe auch gelernt, dass man niemals aufgeben darf :-) . Mit meiner Gastmutter telefoniere ich noch mindestens zwei Mal wöchentlich, um so auf dem neuesten Stand der Dinge zu bleiben. Im kommenden Sommer erhalte ich den ersten Gegenbesuch von einem meiner neuen Freunde :-).

Canada, I will be back again…

Mein Tipp an alle: GO TO CANADA !!!

 Lisa